Tiroler Steinschaf

Spartenbetreuer

Franz Lechner
Am Gießen 8
6275 Stumm im Zillertal

0664/35 04 140
franz@lechnerbau.at


Verantwortliche Organisation

Schaf- und Ziegenzucht Tirol eGen
Brixner Straße 1
6020 Innsbruck

059292 1861
kompetenzzentrum.sz@lk-tirol.at

www.schafundziege.tirol

Rassestandard

Das Tiroler Steinschaf ist ein mittelgroßes bis großrahmiges Schaf mit mäßig geramstem Kopf, die Ohren sind abstehend spitz und mittelbreit. Der breite, tiefe Rumpf zeigt guten Fleischansatz. Stirn und Bauch sind bei beiden Geschlechtern bewollt. Der Kopf ist glatt und ausdrucksstark. Die Widder tragen schön geschwungene, starke Hörner. Auf straffe nicht zu lange Hoden ist bei der Zuchtauslese besonders zu achten. Muttertiere sind meist hornlos, leichter Hornansatz kommt vor und wird toleriert. Schafe haben ein fest aufgehängtes, breites Euter mit feiner Zitzenausbildung. Die Brunst verläuft asaisonal. In der Fruchtbarkeit gepaart mit ausgeprägtem Mutterinstikt, ist das Steinschaf den anderen in Tirol gehaltenen Rassen überlegen. Zweimalige Ablammungen pro Jahr, meist mit Zwillingsgeburten, sind die Regel, oft kommen Drillingsgeburten vor. Ein besonderes Merkmal ist die mittellange Schlichtwolle mit feiner Unterwolle und dem gröberen Deckhaar. Das Fundament ist trocken, mittelfein mit korrekter Beinstellung und straffer Fessel. Die Farbe ist silbergrau bis anthrazitgrau, oder weiß. Im Zillertal wurde das Tiroler Steinschaf früher als das „Graue Schaf“ bezeichnet, im Ötztal wohl wegen der graublauen Farbe, auch das „Blobe“ Schaf genannt. Der weiße Schlag des Tiroler Steinschafes wird hauptsächlich in den Tälern Osttirols gezüchtet. Scheckungen sind unerwünscht, beim weißen Schlag sind leichte Pigmentierungen an Kopf und Beinen zulässig. Die Lämmer des „grauen Schlages“ werden schwarz geboren und erhalten bis zum 2. Lebensjahr ihre graue Wolle, wobei Kopf und Beine schwarz bleiben. Tiere die nicht umfärben, also in der Wolle die schwarze Farbe beibehalten, werden von der Weiterzucht ausgeschieden. Die Ideal - Färbung des Tiroler Steinschafes, ein helles Silbergrau, ist historisch bedingt. Der bis Mitte des vorigen Jahrhunderts auf vielen Bauernhöfen in Handarbeit hergestellte Loden soll von schöner silbergrauer Farbe sein. Aus diesem Loden wird nämlich der „Tuxer Janker“, als einheitlicher Bestandteil der Zillertaler Tracht, gefertigt. Auffallend ist, dass dieser graue Loden unempfindlich gegen jede Lichteinwirkung ist, er bleicht nicht aus! Bis heute wird der „Tuxer“ zu festlichen Anlässen von den Musikkapellen, Schützenkompanien und Trachtengruppen des gesamten Zillertales, aber auch in anderen Regionen, mit Stolz getragen.

Verbreitung

Das Tiroler Steinschaf ist heute mehr oder weniger über ganz Tirol verbreitet. Die Hauptzuchtgebiete sind im Tuxer- und Zillertal, am Weerberg, in Osttirol, im Ötztal und Oberinntal, sowie im Gebiet des Brixentales und der Wildschönau. Mehrere Züchter finden sich auch in den Bundesländern, Salzburg, Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich, sowie in Bayern. In Tirol wird das Steinschaf als die zahlenmäßig zweitstärkste Rasse vom Tiroler Schafzuchtverband betreut. Die Züchter sind in 14 Vereinen organisiert, es finden regelmäßig Absatzveranstaltungen in Rotholz und Lienz statt. Regelmäßig abgehaltene Gebiets- und Landesausstellungen sind ein beliebter Treffpunkt der ZüchterInnen.

Zuchtgeschichte

Das schlichtwollige Tiroler Steinschaf ist eine traditionelle Schafrasse Tirols, seine Ursprünge gehen auf den ursprünglichen Typ des mischwolligen Steinschafs und das Zaupelschaf zurück. Nahezu jeder Bauernhof in den Bergtälern Tirols, hielt bis ins letzte Jahrhundert zur Selbstversorgung seine meist kleine Steinschafherde. In den einzelnen Tälern, mit Gemeinschaftsalmen, bildeten sich dadurch auch eigene Schläge heraus, Inzucht war keine Seltenheit. In den Jahren ab 1930 – ausgelöst wohl auch in Folge der Landwirtschaftsförderung in der NS Zeit - begann in Tirol jedoch die Verdrängung der Steinschafrasse. Der Weiße Schlag des Steinschafes wurde systematisch mit dem Bergamaskerschaf eingekreuzt. Das Tiroler Bergschaf war „geboren“. Diese Verdrängung ging - gestützt vom damaligen „Tiroler Tierzuchtgesetz“ , welches eine Rassenvielfalt nahezu ausschloss – soweit, dass die Rasse fast ausgestorben wäre . Nur noch wenige Idealisten hielten sich Restbestände des Tiroler Steinschafes. Einige wohl auch wegen der in früheren Zeiten sehr beliebten Widderkämpfe, im Volksmund als „Widderstoßen“ bekannt. Besonders beim jährlichen „Gauderfest“ in Zell am Ziller, mussten die Steinschafwidder ihr lebhaftes Temperament und die angeborene Kampflust vor einem großen Publikum beweisen. Der Sieger wurde zum „Gauder Hoagmoar“ gekürt, dies bedeutete zur damaligen Zeit für den Besitzer eine große Ehre.

Josef Gredler, „Barmerbauer“, in Tux, erkannte die Notwendigkeit zur Erhaltung der Rasse und ersuchte 1965 die Tiroler Landwirtschaftskammer die organisierte Zucht des Steinschafes zu ermöglichen und zu fördern! Heute unvorstellbar, aber damals Realität: er “blitzte“ mit seinem Ansinnen ab. Etwas später im Jahre 1972 gelang es dann dem „Pionier“ der Tiroler Steinschafzucht, Franz Fankhauser, ebenfalls aus Tux, trotz massiven Widerstandes einiger „Bergschaf“ – Funktionäre, den Vorstand der Tiroler Landwirtschaftskammer zu überzeugen und mit der organisierten Herdbuchzucht zu beginnen. Der „kirchliche Segen“ dazu und leidenschaftliche, fachliche Unterstützung erhielt das Tiroler Steinschaf auch vom bekannten Salzburger Pfarrer, Prof. Ambros Aichorn. Im Jahr 1973 wurde als erster Steinschafzuchtverein, der Verein Tux-Hinteres Zillertal gegründet. Fankhauser gelang es schließlich auch, Restbestände in anderen Teilen Nord und Osttirols zu lokalisieren und die Züchter von seiner Idee zu begeistern. Der durch Inzucht und einer in den Berggebieten damals üblichen kargen Winterfütterung kleinwüchsige „Tuxer“ Schlag, wurde mit dem wesentlich frohwüchsigeren Osttiroler Schlag zusammengeführt und nach einem einheitlich erstellten Zuchtziel Reinzucht betrieben. Nach nunmehr 35 Jahren organisierter Zucht präsentiert sich das Tiroler Steinschaf in seinem heutigen Erscheinungsbild.

Der Steinschafwidder ist auch das Wappentier der Gemeinde Tux im Zillertal.

Ein stilisierter „silberner Widderkopf auf grünem Grund“ ziert das Wappen der Gemeinde Tux und steht als Symbol für das Ursprüngliche, für Eigenständigkeit, Selbstbehauptung und die Kargheit der Berglandwirtschaft.

Leistungsdaten

Gewicht: weiblich, nach 1 Jahr 60 kg, ausgewachsen 75 – 90 kg

Gewicht: männlich , nach 1 Jahr 65 kg, ausgewachsen 80 – 100kg

Bedingt durch einen, asaisonalen Brunstzyklus, der frühen Zuchtreife und bestens ausgeprägter Muttereigenschaften ist das Steinschaf in der Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung den anderen in Tirol züchterisch erfassten Rassen überlegen.

Die aktuellen Leistungsdaten (Statistik Tiroler Schafzuchtverband), einschließlich der Jährlingsmütter, des Tiroler Steinschafes sind:

Erstlammalter: 442 Tage Zwischenlammzeit: 240 Tage

Geburten: Einlinge 28,1% Zwillinge 64,2% Drillinge 7,5% Vierlinge 0,2%

Aufzuchtindex: 98

Wirtschaftlichkeit/Vermarktung

Das Tiroler Steinschaf eignet sich hervorragend für Lammfleischproduktion und weist sehr gute Milchleistung auf. Das Gewicht der Böcke liegt zwischen 70 und 120 kg, das der Schafe zwischen 60 und 100 kg. Die tägliche Gewichtszunahme in den ersten fünf Lebensmonaten beträgt mindestens 250 g. Der Wollertrag liegt bei 4,5 bis 5 kg. Das Tiroler Steinschaf ist für die Haltung auf extensiven Weiden und Almflächen geeignet und kann neben der Fleischproduktion auch optimal für Landschaftspflege eingesetzt werden.

Erfahrungsberichte

„Seit meiner Kindheit beschäftige ich mich mit den Tiroler Steinschafen. Bis zum Volksschulalter wuchs ich bei meinem Großvater „Löber Hans“ auf. Auf seinem Hof wurden immer 10 bis 15 Steinschafe gehalten. Aus deren Wolle wurden Strümpfe und Gamaschen, Hosen, Wetterflecke und eben auch der Loden für den „Tuxer Janker“ gemacht. Zum Kirchtag, zu Allerheiligen und Weihnachten wurde meist ein Lamm, manchmal auch ein „Gstraun“ geschlachtet und zum einfachen, festlichen Mahl aufgekocht. Manchmal durfte ich im Frühherbst wenn das letzte Bergheu eingebracht war, meinen Großvater zu den Schafen, die den Sommer über auf den steilen gefährlichen Hängen des „Madseitberges“ oder auf den Geröllhalden unterhalb des „Junssee´s“ weideten, begleiten. Die auf seine Lockrufe „Hois. Hois. Hois.“ heranstürmenden, nach dem mitgebrachten Salz gierenden, silbrig grauen Steinschafe haben mich als Kind magisch fasziniert. Als meine Eltern heirateten und die Mutter auf den Hof meines Vaters zog, bekam ich zum Abschied und den heimlich geweinten Tränen, vom Großvater ein Steinschaflamm als „Schlenggl“ Geschenk. Nur wenige Jahre hatte ich berufsbedingt keine Steinschafe. Zwischendurch habe ich auch für kurze Zeit die damals wie heute in Tirol stark forcierten „Bergschafe“ gehalten. Jedoch kam ich rasch wieder auf die Steinschafe zurück. Der Grund hiefür war logisch: ich mag eben das Ursprüngliche – und, die Tiroler Steinschafe sind den Bergschafen in der Vitalität, Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung, klar überlegen! Statistiken sind die eine Seite, ich berichte nur von meiner persönlichen, langjährigen Erfahrung! Nach über 40 Jahren Zuchtarbeit, selbstverständlich auch mit Rückschlägen, bin ich wie viele meiner Züchterkollegen, von den Vorzügen dieser Rasse überzeugt!“

Eignung und Haltung

Neben einer hohen Wirtschaftlichkeit sind das lebhafte Temperament, die Genügsamkeit und die Almtauglichkeit für extreme Hochgebirgszonen, Merkmale die das Tiroler Steinschaf auszeichnen. Bei Ablammungen während der Alpzeit kommt der ausgeprägte Mutterinstikt besonders zur Geltung. Die klassischen Almen des Steinschafes liegen in Höhen bis zu 2500m. Die Lämmer sind frohwüchsig und bei entsprechender Pflege früh schlachtreif. Durch die hohe Rate an Mehrlingsgeburten und seiner sehr guten Milchleistung ist das Tiroler Steinschaf auch für Gebrauchskreuzungen mit Fleischschafböcken bestens geeignet. Bei Koppelhaltung ist, wie bei allen Schafen, auf Wurm - und Parasitenbefall zu achten.

Literatur

Öngene/ Tiroler Schafzuchtverband/ Roswitha Baumung: „Alte Haustierrassen-eine wichtige Bioresource“/ Sambraus: „Gefährdete Nutztierrassen“/ Hermann Holzmann: „Der Tuxer Schafer“/ Ludwig Steub: „Drei Sommer in Tirol“/ Chronik der Gemeinde Tux/ Chronik der Gemeinde Zell am Ziller „Gauderfest“