Tiroler Grauvieh

Spartenbetreuer

Sebastian Eder
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Verantwortliche Organisation

Rinderzucht Tirol eGen
Brixner Straße 1
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Rassestandard

Das Tiroler Grauvieh ist ein klein- bis mittelrahmiges Zweinutzungsrind. Die Tiere sind einfärbig silber- bis eisengrau, der Kopf, Hals und Rumpf ist angeraucht. Das dunkle Flotzmaul ist hell gesäumt, die Klauen sind schwarz. Die Stiere sind dunkler gefärbt als die Kühe und der Rücken wird von einem hellen Aalstrich geziert.

Verbreitung

Das Tiroler Grauvieh wurde bis zum Ende der 1990er Jahre nur in Tirol züchterisch betreut, heute zählen auch Züchter aus Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Niederösterreich zu den Mitgliedern.

Zuchtgeschichte

Von den Landschlägen zum Grauvieh

Quelle : Buch Tiroler Grauvieh - Juwel der Berge, Beitrag von Dipl.-Ing. Max Partl

Alte Ausgrabungen, verbunden mit diversen Funden, u.a. dem „Ötzi“ im Ventertal, lassen darauf schließen, dass die Besiedlung des Tiroler Oberlandes tausende Jahre vor Christi Geburt durch Völker aus Vorderasien erfolgte. Diese brachten ca. 1000 Jahre vor Christi auch ihre einfärbigen brachyceren Kurzhornrinder westasiatischer Herkunft – das Torfrind – mit nach Mitteleuropa.

Im Laufe der Jahrhunderte erfolgte verständlicherweise in einem Durchzugsland wie Tirol eine Durchmischung mit verschiedenen Rinderschlägen. Über die Größe und das Aussehen der in alter Zeit gehaltenen Tiere geben Skelettfunde und Berichte von Geschichtsschreibern Auskunft. So dürfte das um Christi Geburt bei uns gehaltene Rindvieh eine Widerristhöhe von ca. 105 cm gehabt haben.

Mehrere römische Schriftsteller, u.a. Tacitus und Plinius, erwähnen die hohe Milchleistung des „Alpenvieh’s“ in den ersten Jahrhunderten der heutigen Zeitrechnung.

Die sich zur Zeit der Völkerwanderung bei uns ansiedelnden Alemannen bringen großrahmigeres Vieh ins Land. Der Ostgotenkönig Theoderich, dessen Reich auch das heutige Tirol unterstand, forderte seine Untertanen in einem Erlass auf, ihre kleinen Tiere gegen die großen der Alemannen einzutauschen. So kam es zur Vermischung des bodenständigen, ligurisch-keltischen Rindes mit dem größeren Alemannenvieh.

Aus dieser Kreuzung entwickelten sich im Laufe vieler Jahrhunderte, sicherlich mehr auf dem Wege unbewußter Züchtung, die späteren Landschläge im Tiroler Oberland.

Über die Viehhaltung im Mittelalter gibt es nur spärliche Informationen. Auch die Aufzeichnungen der Tiroler Klöster Stams und Wilten geben wenig Auskunft. Auf alten Votivtafeln und Deckengemälden in Kirchen sind Rinder in verschiedensten Farben nebeneinander dargestellt. Sehr häufig sind dies gelbfuchsige Ochsen, dunkelgraue bis schwarze Stiere und semmelfarbige bis weiße Kühe.

Das Leben der Bauern in unserem Berggebiet war alles andere als einfach und baute in erster Linie auf Selbstversorgung. Die besten Flächen nutzte man zum Getreideanbau und die meist wenigen Rinder wurden auf Grund der geringen Futterernte über den Winter in muffigen Ställen durchgehungert. Der Weidegang erstreckte sich, angefangen von den Heimweiden bis hinauf auf die kargen Hochalmen, auf nahezu sieben Monate des Jahres. Das Rind diente einerseits als Milch- und Fleischlieferant für die meist großen Familien. Es wurde aber in den kleinen Landwirtschaften des Oberlandes meist auch als Arbeitstier eingesetzt. Daneben musste auch noch das Zehent in Form von Butter und Käse an die Gutsherren abgeliefert werden; daraus lassen sich Leistungen bis über 1500 Liter errechnen. Genaueste Auskunft über die Viehwirtschaft in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts verdanken wir Prof. Ferdinand Kaltenegger. In mehr als 170 Seiten berichtet er über den „Nutzwerth der Rinder-Racen in den österreichischen Alpenländern“. In den Jahren 1874 und 1875 hat er mit seinen Mitarbeitern im Auftrag des k.u.k. Ackerbau-Ministeriums seine Untersuchungen getätigt. Neben verschiedensten Informationen über Besitzstände, Fütterung, Alp- und Milchwirtschaft sowie den Viehhandel hat er die damaligen Rassen und Landschläge exakt beschrieben. Von jeder Rasse wurde eine Stichprobe von 30 – 60 Kühen und etwa 20 Stieren genauestens beschrieben und mehr als 40 Körpermaße, davon allein 11 vom Kopf, genommen.

Der Tiroler Hofmaler Julius Ritter von Blaas lieferte dazu Farbbilder des jeweiligen Idealtyps der Rasse.

Als Vorläufer des Grauvieh’s gelten das Oberinntaler-, Lechtaler- und Wipptalerrind.

Die Oberinntaler – westlich der Melach gehalten – als kleinster der drei Schläge ist graugelb mit stark fuchsigem Stirnschopf. Geprägt durch die harte Scholle zeichnet es sich bei guter Milchleistung vor allem durch Genügsamkeit, Widerstandsfähigkeit und Gesundheit aus. Das für die damalige Zeit mittelgroße Lechtaler Rind wird von Kaltenegger als „Dachsete“ mit eisengrauer Farbe beschrieben und entspricht am ehesten dem heutigen Grauviehtyp. Es ist etwas tiefer gebaut, in der Fütterung genügsam, zur Arbeit gut geeignet und in der Milchleistung sehr geschätzt. Nicht so durchgezüchtet ist der Wipptalertyp – auf beiden Seiten des Brenners beheimatet – als größter der drei Landschläge. Die weißgrauen bis semmelgelben Rinder sind eher fleischbetont und eigneten sich bestens zur „Ochsenzucht“.

Die „Ochsenzucht“ war ein recht einträgliches Geschäft. Mit einem gut zusammenpassenden Ochsenpaar konnte man etwa gleiche Preise erzielen wie mit einer hochträchtigen Zuchtkalbin.

Nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges 1870 setzte in Mitteleuropa eine starke Industrialisierung verbunden mit weitgehender Verkehrserschließung durch den Bau von Eisenbahnen ein. Die neuen Wirtschafts- und Konsumzentren benötigten viel Milch und Fleisch. In unserem Land kam es zu einem starken Ausverkauf der besten Tiere an die großen Milchmeiereien, welche sich um die neuen Industriegebiete ansiedelten. Verbunden damit war ein starker Rückgang sowohl in Menge als auch Qualität des heimischen Viehbestandes. Mit dem damit verbundenen Preisrückgang verringerte sich das Interesse an der Zucht.

Der Landeskulturrat, Vorgänger der heutigen Landwirtschaftskammer, versuchte durch Lehrschauen, strengere Körbestimmungen, verbunden mit der Gewährung von Stierbeihilfen, vor allem die gemeinsame Vatertierhaltung betreffend, die Verhältnisse zu verbessern.

Mit Gründung der ersten Viehzuchtgenossenschaften 1896 kamen nun auch erstmals die Gegensätze zwischen Braun- und Grauvieh zum Tragen, stellten doch die neu gegründeten Vereine mit Vorliebe braune Stiere aus der Schweiz ein, um vor allem die Wüchsigkeit zu verbessern. Die zum Teil wahllose Verwendung von Stieren brauner Farbe in den Westtiroler Gebieten hat nicht immer die gewünschten Erfolge gebracht und vielfach nur die Farbe des Grauviehs in ein undefinierbares Durcheinander von weiß, gelb, grau und braun verwandelt.

Um die Zucht zu verbessern, schlossen sich im Jahr 1907 die örtlichen Viehzuchtgenossenschaften im Oberinntaler bzw. Lechtaler Verband für graubraunes Höhenvieh zusammen. In diesem fanden alle Zuchtrichtungen Platz, wobei das Braunvieh als Landschlag den heimischen Typen gleichgestellt wurde.

Viele Anhänger der grauen Zuchtrinder sahen nicht zu Unrecht eine Gefährdung ihrer Rasse und starteten unter Führung von Rudolf Puelacher aus Oberhofen eine Initiative zur Erhaltung des reinen Grauvieh‘s.

In einem umfassenden Schreiben im Jahr 1908 an den Landeskulturrat wurde die Gleichstellung der Reinzucht der grauen Rasse gefordert. Es existiert zu diesem Thema „Streitfrage Braunvieh – Grauvieh“ eine 59 Seiten umfassende Dokumentation.

Im gleichen Jahr wurde die erste und für lange Zeit einzige Grauviehzuchtgenossenschaft in Oberhofen gegründet.

Der erste Weltkrieg und die Jahre danach, verbunden mit den drastischen Viehabstellungen brachten viel Not für die Tiroler Bauernschaft und einen weiteren Rückgang des Rinderbestandes. Einen Appell des Präsidenten des Landeskulturrates, Ök.Rat Josef Siegele, bei einer großen Bauernversammlung in Landeck folgend, wurden im Jahre 1922 in den Gemeinden Fiß, Serfaus, Ladis und Fließ Grauviehzuchtvereine gegründet, die sich am 10. Jänner 1924 in Landeck zum Tiroler Grauviehzuchtverband zusammenschlossen.

Bereits nach 5 Jahren, im Jahr 1929, waren im Verband 21 Zuchtgenossenschaften organisiert. Ein für alle Zuchtgebiete gültiges Zuchtziel wurde 1933 wie folgt festgelegt:

„Das Tiroler Grauvieh ist eine leichte bis mittelschwere auf kombinierte Leistung gezüchtete Gebirgsrasse, bei welcher besonderer Wert auf gute Milch- und Fettleistung, robuste Gesundheit, gute Futterverwertung, regelmäßige Fruchtbarkeit, Vereinheitlichung der Farbe und Besserung der Körperformen gelegt wird. Dem Zuchtziel entsprechend, stellt das Grauvieh einen Typ dar, der in Gewicht und Körperform den Gebirgsverhältnissen angepaßt ist und durch gutes Fundament, tiefen und weiten Rumpf, gute Bemuskelung und lebhaftes Temperament imstande ist, die geforderten Nutzungsleistungen in Milch, Arbeit und Mast hervorzubringen.“

Vor dem Anschluss an das Deutsche Reich, mit Beginn des Jahres 1938, waren in 44 Vereinen über 1.000 Züchter dem Verband angeschlossen. Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg wurde nach anfänglichen Turbulenzen die Rinderzucht während des Zweiten Weltkrieges stark gefördert. Verbunden damit wurden nur Stiere mit Abstammungs- und Leistungsnachweis aus anerkannten Stiermüttern gekört und deren Ankauf gefördert. Nach sehr harten Nachkriegsjahren, wiederum verbunden mit Schlachtviehabstellungen, gelang es dem Verband 1949, den Züchtern mit einer 25-Jahr-Bestandsjubiläumsschau neuen Mut und Selbstvertrauen zu vermitteln.

Auch die Bang- und Tuberkulosebekämpfung in den nächsten Jahrzehnten verlangte von den Züchtern viel Einsicht und Opfer, mussten doch vielfach sehr wertvolle Tiere geschlachtet werden. Andererseits entwickelte sich ein reger Absatz, insbesondere nach Italien, und die Versteigerungen in Imst wurden aufgebaut. Anlässlich der 50-jährigen Landesausstellung am 4. Mai 1974 in Imst beschrieb Min.Rat Dr. Franz Ebenbauer bei seiner Schaukritik das „Grauvieh als modernes, mittelrahmiges, milchbetontes Zweinutzungsrind, dessen Leistungen erst richtig gewürdigt werden können, wenn man den Lebensraum dieser Rasse kennt“; damit ist auch die Zuchtzielsetzung aus dem Jahr 1933 bestätigt.

Die Umsetzung des speziellen Natursprung- und Besamungszuchtprogrammes seit 1977, erarbeitet durch einen großen Förderer und Freund des Grauviehs, den international anerkannten Tierzuchtgenetiker Prof. Dr. Franz Pirchner, war Voraussetzung für eine erfolgreiche Zuchtentwicklung bis zum heutigen Tag.

Im Gegensatz zu allen anderen Rassen haben die Grauviehzüchter an der Reinzucht festgehalten, obwohl sich die Einzucht von US-Blut mit farbtreuen Stieren zur Verbesserung von Milchleistung und Euterform anbot.

Auch die Zeit des unbedingten Fortschritts und Leistungsdenkens der 70er und 80er Jahre hat das Grauvieh gut überstanden. Durch die verstärkte Mutterkuhhaltung und deren Förderung in den frühen 90iger Jahren, sowie jener der Extensivierung seit dem EU-Beitritt 1995, stellt das Grauvieh eine echte Alternative dar und erfreut sich verstärkter Nachfrage.

Der Weg der Grauviehzucht war sicherlich hart und mit vielen Hindernissen gepflastert. Umsomehr können die Züchter nicht ohne Stolz das 75-jährige Bestehen ihrer Organisation feiern. Sie und ihre Vorgänger haben eisern an ihrer Rasse aber auch an der kargen Scholle festgehalten und somit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung dieses Tiroler Kulturgutes als konsulitierte Rasse und fixe Größe der Tiroler Rinderwirtschaft geleistet.

Leistungsdaten

Das Tiroler Grauvieh ist eine Zweinutzungsrasse. Die Milchleistung liegt bei rund 4.850 kg mit 4,0 % Fett und 3,3 % Eiweiß. Die ausgewachsenen Kühe erbringen Durchschnittsleistungen von mehr als 5.100 kg Milch, Laktationsleistungen von mehr als 6.000 kg sind möglich, werden aber nur vereinzelt angestrebt.

Die männlichen Tiere erreichen in Reinzucht eine Nettotageszunahme von etwa 1.300 g. Das Tiroler Grauvieh zeichnet sich durch hohe Schlachtausbeuten von bis zu 60 % besonders aus.

Wirtschaftlichkeit/Vermarktung

Der Zuchtverband organisiert Zuchtviehversteigerungen, Ab-Hofankäufe und betreibt ein eigenes Markenfleischprogramm "Tiroler Grauvieh Almochs"

Erfahrungsberichte

Beim Tiroler Grauvieh handelt es sich um eine robuste und wirtschaftliche Rasse. Aus Neumitgliedern werden rasch begeisterte Grauviehfreunde.

Eignung und Haltung

Aufgrund des Milchreichtums, der Fruchtbarkeit und der guten Futterverwertung eignet sich die Rasse sowohl zur Milchproduktion als auch zur Fleischproduktion.

Das Herdebuch wird zweigeteilt geführt. Einerseits für die Zuchtrichtung Doppelnutzung (Milch & Fleisch) und andererseits für die Zuchtrichtung Fleisch. Damit soll dem zunehmenden Einsatz dieser Rasse in der Mutterkuhhaltung Rechnung getragen werden. Rund 82 % der grauviehhaltenden Betriebe liegen auf einer Seehöhe von über 1.000 m. Fast das gesamte Jungvieh wird im Sommer gealpt. Ebenso rund 40 % der Kühe. Durch die Genügsamkeit, die ausgeprägte Geländetauglichkeit und Weidetüchtigkeit ist das Tiroler Grauvieh auch auf extensiven Flächen produktiv. Die Rasse ist anpassungsfähig hinsichtlich Freilandhaltung und Hitze. In einem mehrjährigen Praxisversuch wurde und wird in der Landwirtschaftlichen Landeslehranstalt des Landes Tirol in Imst die ganzjährige Freilandhaltung erprobt. Dabei wurden alle Daten exakt erhoben. Ohne den endgültigen Ergebnissen vorgreifen zu wollen, kann man jetzt schon sagen, dass sich das Tiroler Grauvieh für die ganzjährige Freilandhaltung eignet und viele Vorteile in der Mutterkuhhaltung mitbringt:

Projekte

Der Zuchtverband organisiert neben Zuchtviehversteigerungen und Ab- Hof-Ankäufen das eigene Markenfleischprogramm „Tiroler Grauvieh Almochs“.